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VLV Zentrale Bregenz

2017

6900 Bregenz, AT

1. Preis geladener Wettbewerb

Vorarlberger Landes- Versicherung V.a.G.

      • Östlich des geographischen Zentrums von Bregenz - dem Quellenviertel - verdichtet sich die Stadt zu einer Blockrandbebauung um den Weiherplatz. Markantestes Zeichen dieser geschlossenen Hofbildungen ist die gedrängte und unübersichtliche bauliche Ausnutzung im Inneren. Nur jener halböffentliche Stadtraum, der sich am Rande zwischen St. Anna- und Bahnhofsstraße zu einem Geviert schließt, blieb von gebauten Interventionen im Wesentlichen befreit. Die Traufen folgen hier relativ durchgängig dem viergeschossigen Straßenraum und schließen einprägsam die Ecke zum Bahnhofsplatz mit acht Geschossen. Der Neubau der VLV-Zentrale folgt beständig diesen städtebaulichen Linien und bildet mit dem Gebäude der Bahnhofstrasse 39 ein ganzheitlich erfahrbares Volumen. Das neue winkelförmige Gebäude ist aber auch jenes städtebauliche Passstück, das sich in Höhe und Form an die bestehenden baulichen Grenzen schmiegt und dabei neue Freiräume offen legt. Der Rücksprung im fünften Geschoss macht das benachbarte Welzenbacher Haus im Stadtraum erfahrbarer und zollt diesem denkmalgeschützten Haus den erforderlichen Respekt. Mit der Anpassung der Traufe im achten Obergeschoss entsteht mit dem Nachbarn zum Bahnhofsplatz ein erhabener Schlussstein in diesem Gefüge.

        Die Struktur des Gebäudes selbst ist widerspruchslos simpel. An einem kleinen Vorplatz neben dem Jodok Fink Denkmal öffnet sich der Haupteingang, der unmittelbar in ein zum durchgrünten Innenhof offenen Foyer führt. Gegenüber liegt der kleinere Nebeneingang, der vorzugsweise MitarbeiterInnen vorbehalten ist. An der südöstlichen Feuerwand befindet sich mit der Erschließung und den Nebenräumen die gesamte Infrastruktur des Gebäudes. Von hier aus breitet sich je Geschoss ein nahezu offener ebener Raum aus, der durch einen äußeren ”Grid” aus Sichtbeton gehalten wird. Diese offene Sequenz nach oben wird nur durch einen zweigeschossigen Luftraum für ein Besprechungszimmer je Geschoss durchbrochen. Diese räumlichen Erweiterungen durchdringen das Gebäude treppenartig durch die Etagen, um so wieder zu einer vernetzten durchlässigen Einheit zu werden, die vielfältige Sichtbeziehungen nach innen wie nach außen eröffnet.

        Die Disposition der Fassade ist auch Ausdruck eines vielseitig möglichen Büroclustertyps. Von den geschlossenen 15 m2 - Kapseln bis zum völlig offenen Büro lassen sich die verschiedensten Modelle einer Bürolandschaft implementieren. Ein klar strukturiertes System bildet so die durchgängige Basis für eine zukünftige Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Der Gebäuderücksprung im fünften Obergeschoss ist nicht nur der städtebaulichen Referenz geschuldet, er ist auch erweiterter Freibereich für den Aufenthaltsraum der MitarbeiterInnen mit eindringlichem Blick auf das Zentrum, den See und den Hausberg.

      • Im erhöhten obersten Geschoss sitzt losgelöst von der äußeren Hülle der dreiteilige Sitzungs- und Multifunktionssaal, umspült von einem umlaufenden Foyer. Gleichsam einer Krone in einer Vitrine schließt dieses räumliche Angebot den Hochpunkt des neuen Gebäudes. Dem Baulichen steht das Rurale im Innenhof ohne jede antagonistische Absicht gegenüber. Durch Freihalten und ”Entkernen” der Mitte des Blockrands wird dem Hof reichlich Grün- und Erholungsfläche in unmittelbarer Umgebung zurückgegeben. Dabei sollen Themengärten entstehen, die einen nahen Bezug zu den Nutzungen innerhalb dieses Gevierts haben. Neben einen ”Garten der Kunst” der VLV sollen therapeutische Bereiche für das Ärztezentrum ebenso entstehen wie Sonnendecks, Nutzergärten und gestaltete Freibereiche für die Kinder.

        aus dem Jurybericht

        "... Das Projekt beantwortet die Herausforderung der Anbindung an zwei in der Höhe unterschiedliche Gebäude durch einen Baukörper, der den Kontext beider Nachbar Gebäude in die Volumetrie einfließen lässt. Die Höhe des Hauses 39 ist Ausgangspunkt, verzahnt sich mit der Höhe des Hauses 31 durch Ausbildung einer fuge in Höhe der Traufe. Diese Verschränkung könnte noch klarer für das neu zu errichtende Gebäude ausgelegt werden, sodass nur die fuge und nicht die abtreppen dem Nachbar Kontext entspricht. Der Zugang zum Bürogebäude liegt schlüssig zur zukünftigen Bebauung „Seestadt“ am Vorplatz und nicht mehr an der Bahnhofstraße. Dieser Zugang offeriert zugleich eine großzügige Verbindung zum Innenhof. In der weiteren Bearbeitung sollte der Eingang zum Gebäude gegenüber der Passage zum Innenhof betont werden. Die Fassade wirkt gelassen unaufgeregt, einer möglichen darin innenwohnenden Monotonie könnte in der weiteren Bearbeitung durch Differenzierungen in der vertikalen Schichtung und Entsprechung der dahinterliegenden speziellen Nutzungen entgegengewirkt werden. Die vertikalen Erschließungen sind an den Rand gedrängt, das schafft dem Bürogebäude die größtmögliche Nutzungsflexibilität. Ein starkes auch im außenauftritt identitätsstiftendes Merkmal sind die kaskadenartig an der Fassade liegenden Besprechungszonen. Das offene raumkontinuum der zweigeschossigen Bereiche schafft eine räumlich spannende Verbindung zwischen den Büroebenen und leitet zudem Tageslicht in die innen Zonen. Diese subtile Orientierungsmöglichkeit in den geschoßebenen und die Verbindung unter diesen ist ein beiläufiger, aber wichtiger Mehrwert. Eine zusätzliche tatsächliche Verbindung durch filigrane Treppen wäre ein großer Nutzungsmehrwert für die Abteilungen. Das Projekt ermöglicht eine Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten, ein wichtiger Aspekt für zeitgemäße Büro Strukturen."