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Umbau und Erweiterung Volksschule Lauterach Dorf

2012

Bildung

6923 Lauterach, AT

Anerkennung EU-weiter Wettbewerb

Marktgemeinde Lauterach Immobilienverwaltungs GmbH & Co. KG

      • Als das Kind Kind war,
        wusste es nicht, dass es Kind war,
        alles war ihm beseelt,
        und alle Seelen waren eins.*

        Zur Lage

        Schon beim Europan Lauterach sprach man von einem ”Boulevard”, der zwischen dem Bahnhof und dem alten Rathaus entstehen soll. Die Karl-Höll-Straße soll jene räumliche Kontinuität ausbalancieren helfen, die diesen Ort von seiner zeitlichen Entwicklung abgekoppelt hat. Die baulichen Massen verdichten sich entlang dieser Achse, öffentlichkeitswirksame Räume sollen hier entstehen. Die Volksschule Lauterach Dorf liegt an der Schnittstelle zwischen diesem neuen ”urban cocktail” und dem sich nach Süden ausweitenden ”suburbia”. Eine Verdichtung nach Norden zugunsten der Grünflächen mit ihrem alten Baumbestand und ein Hinwenden zum wachsenden Teil Lauterachs haben ihren Ursprung in den vorangegangenen Überlegungen. Dabei wird das ”Urgebäude” aus dem Jahr 1935 völlig freigespielt und bleibt unangetastet. Die Situierung des neuen Volumens am Grundstück im Norden schafft Distanz zur selbstbewussten Präsenz des existierenden Gebäudes und formt drei unterschiedliche, für die Schule nutzbare, Freiräume. Durch die Auflösung der nördlichen Schulstraße bei der Feuerwehr kommt es zu einer Neuordnung der Grundgrenzen in diesem Bereich und gegebenenfalls zum Grundabtausch.

        Als das Kind Kind war,
        hatte es auf jedem Berg
        die Sehnsucht nach dem immer höheren Berg,
        und in jeder Stadt
        die Sehnsucht nach der noch größeren Stadt.*

        Zum Inhalt

        Der dreigeschossige kompakte Solitärbaukörper weicht im Osten vom Straßenraum - der Schulstraße - zurück und tritt in Dialog mit dem ”alten Schulhof”. Ein großer gedeckter Freibereich bietet nicht nur den Fahrrädern Unterstand sondern ist witterungsgeschützter Bewegungs- und Pausenbereich, eine Bühne, die dem Eingang und der Aula vorgelagert ist. An der Schnittstelle zum Bestandsgebäude liegt die zentrale Erschließung. Während sich die Aula im Osten dem Geschehen am Eingang zuwendet liegt der Mehrzweckraum im Westen im Spannungsfeld zwischen der abgesenkten Turnhalle und den nach Süden gerichteten Freibereichen. So bilden Aula, zentrale Erschließung, Mehrzweckraum und Turnhalle im Erdgeschoss ein durchlässiges Raumkontinuum, das unterschiedlichste Ein- und Ausblicke bereitstellt und Schule als Ort der Kommunikation, der Begegnung und als ein Areal, das es zu entdecken und zu verändern gilt, erfahren lässt. In den beiden Obergeschossen umklammern je zwei ”cluster” eine großzügige, begrünte ”patio”, einen innenliegenden Freiraum, von dem aus sich die beiden zentralen Treffpunkte des ”cluster”, die Marktplätze einsehen lassen. Dem jeweiligen Marktplatz ist eine ausgedehnte Terrasse nach Süden vorgelagert, die über Freitreppen unmittelbar mit den Außenräumen verbunden ist. Die vier nach außen gerichteten Klassen sind privater und dennoch unmittelbarer Teil des Raumverbandes. Die Garderoben sind den Klassen vorgelagert und bilden in unterschiedlichster Weise zusätzliche Lern- bzw. Rückzugsnischen. Eine Verbindung beider ”cluster” in einem Geschoß soll altersübergreifende Begegnungen erlauben, Kreativität und Interessensaustausch fördern.
        Die teilabgesenkte Turnhalle im Untergeschoss ist von Norden belichtet und von den Räumen im Erdgeschoss direkt einsehbar. Die Vereine verfügen über einen eigenen Zugang vom Vorplatz.
        Im Bestandsgebäude sind im 1. Obergeschoss die Verwaltung sowie die Bibliothek situiert. Im Erdgeschoss befinden sich die Sonderunterrichtsräume. Das Dachgeschoss bleibt unverändert, die Funktionen des teilabgesenkten Untergeschoss bleiben erhalten! Offenheit, Transparenz, kurze Wege und funktionelle Übersichtlichkeit schaffen Möglichkeitsräume, die Vertrautheit und Entspannung sowie Aktivität und sozialen Kontakt erlauben und die Vielfalt des Spielens und Lernens zulassen.

        Als das Kind Kind war,
        ging es mit hängenden Armen,
        wollte der Bach sei ein Fluß,
        der Fluß sei ein Strom,
        und diese Pfütze das Meer.*

        Zur Materialität

        Die räumliche Gestaltung einer Umwelt - einer Schule für 6 bis 10 jährige - kann über verschiedene Merkmale beschrieben werden.

      • Dabei trägt die Verwendung jedes einzelnen Gestaltungsmerkmals (Material, Farbe etc.) zur Art und Umfang dieses Einflusses bei. Noch wesentlicher erscheint die Raumstruktur, ein Grundriss der in die dritte Dimension wächst, der als räumliche Einheit erfahrbar ist und der sich den Merkmalen der Vielfalt und der Kommunikation öffnet. Staunen und Offenheit bleibt wesentliches Kriterium. Das statische Konzept sieht eine Skelettbauweise mit Massivdecken vor. Dadurch ist eine permanente Nutzungsflexibilität gegeben. Der Ausbau erfolgt im Wesentlichen aus vorgefertigten Elementen in Leichtbauweise. Das Erscheinungsbild des Neubaus wird durch die weißen Sichtbetonflächen und dem wechselreichen Einsatz der Weißtanne in unterschiedlichster Ausführung geprägt. Weltoffenheit und Geborgenheit werden vermittelt und kombiniert.

        Als das Kind Kind war,
        fielen ihm die Beeren wie nur Beeren in die Hand
        und jetzt immer noch,
        machten ihm die frischen Walnüsse eine rauhe Zunge und jetzt immer noch.*

        Zum Freiraum

        Durch die Anordnung der Gebäude am Grundstück entstehen drei unterschiedliche Außenräume, die semantisch durch den sozialhistorischen Ort aufgeladen sind und inhaltlich neu bewertet werden. Beiden Räumen im Osten und Westen ist der freie Zugang direkt aus den ”clustern” gemein. Während aber der östliche Bereich den alten Schulhof und einen Pavillon in sich aufnimmt formt sich der östliche zu einem Garten der Düfte und der Früchte. Hier soll das Wachsen und Gedeihen selbst erfahren werden. Im Süden bleibt ”das unentdeckte Land” bestehen, eine Abenteuerwiese, die unterschiedlichste Nutzungen zulässt. Der prächtige Baumbestand bleibt gänzlich unberührt. Diese belebte Vernetztheit mit starken ortsräumlichen Bezügen verbindet die inneren Lernlandschaften mit den vorhandenen Erfahrungs- und Bewegungsbereichen.

        Zur Energie

        Hülle: Die hochgedämmte Gebäudehülle bildet die Grundlage für einen ressourcenschonenden Einsatz von Heizenergie. Großzügige Fensterflächen in Passivhausqualität sorgen für eine optimale Belichtung in allen Bereichen, und tragen zudem durch einen hohen passiven solaren Eintrag zur positiven Gesamtenergiebilanz des Gebäudes bei. Um der sommerlichen Überhitzung entgegenzuwirken werden vor den Glasflächen gesteuerte Beschattungs- und Tageslichtlenkungselemente angebracht. Eine massive Bauweise mit einer großen wirksamen Speichermasse sowie eine intelligente Nachtlüftung sind ein zusätzlicher Garant für die Sommertauglichkeit des Bauwerks. Eine äußerst dichte Gebäudehülle auf ein Minimum reduziert die Lüftungswärmeverluste.

        Wärme: Aufgrund dieses Konzeptes der Gebäudehülle und dem daraus resultierenden Heizwärmebedarf von maximal 16 kwh/m2a, sowie den anzunehmenden internen Lasten, wird eine Beheizung der Räume ausschließlich mit der kontrollierten Be- Entlüftung ermöglicht. In Räumen mit höheren erforderlichen Temperaturniveaus wie z.b. Umkleiden, Sanitärbereiche werden zusätzlich Niedertemperatur Fußbodenheizungen vorgesehen. Aus Komfort und Effizienzgründe können alle Bereiche getrennt voneinander geregelt werden.

        Energie: Die Bereitstellung der minimalen Restheizenergie erfolgt über die bestehende Nahwärmeversorgung. Der Strombedarf wird durch den Einsatz moderner LED Beleuchtungstechnik niedrig gehalten. Durch das Umweltinvestment der netzgebundenen Photovoltaikanlage wird zudem
        ein Gegenwert für den verbrauchten Betriebsstrom durch Lüftung, Geräte etc. geschaffen.

        Luft: Somit dient die kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage neben der Sicherstellung der hygienisch erforderlichen Luftqualität im Gebäude auch zur Bereitstellung der benötigten Heizenergie. Ermöglicht wird dies durch einen hohen Wirkungsgrad der Wärmetauscher (Rotationswärmetauscher > 80 % Wirkungsgrad). Zudem erfolgt eine passive Luftvorwärmung über einen Flächenkollektor im Zugangsbereich.

        Natur: Die Verwendung ökologischer Bauprodukte stellt eine Grundvoraussetzung dar und versteht sich von selbst. Neben dem ökologischen Aspekt wird ein Hauptaugenmerk auf die Langlebigkeit der verwendeten Materialen sowohl an der Fassade als auch im Innenraum gelegt.