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Neubau Volksschule Haselstauden

2016

Bildung

6850 Dornbirn Haselstauden, AT

Anerkennung EU-weiter Wettbewerb

Stadt Dornbirn

      • Zur Lage

        Die gegenwärtige gewachsene dörfliche Struktur von Haselstauden entlang des linearen Stadtteilzentrums zwischen Mühlegasse und Stiglingen besteht aus einer Vielzahl von gestalterisch unterschiedlichsten, gut vernetzten Außenräumen. Südlich der Kirche Maria Heimsuchung bilden die beiden Gebäude der Fachschule für wirtschaftliche Berufe und der Altbau der Schule – beides ausdrucksstarke Solitäre - mit ihren Zwischenräumen einen gehaltvollen, verbindenden Filter zwischen den Aufenthaltsbereichen entlang der Haselstaudenstrasse und den beiden östlichen Platzräumen vor dem Turnsaal und der neuen Volkschule. Das neue Gebäude der Schule und der zu adaptierende Mehrzwecksaal bilden mit den bestehenden Schulen einen Dorfanger, eine Allmende, die mit der Kirche Maria Heimsuchung und der Betriebsamkeit entlang der Haselstaudenstrasse ein erlebbares kommunales Zentrum schaffen.

        Der lineare Fluss der Bewegung entlang der sequenziell öffentlichen Räume der Haselstaudenstrasse verschmilzt hier mit mehreren verkehrsfreien Platzräumen unterschiedlichster Aufenthaltsqualität in einer räumlich tieferen Ebene zu einer verbindenden Begegnungszone. DiePorositätdieser urban - dörflichen Orte entsteht und gewinnt erst durch diese alles überlagernde Verflechtung. Dieses mehrfach überlagernde, kommunale Fluidum ist hier neben den nahen bestehenden wirtschaftlichen Zentren ein integrativer Bestandteil dieses Gefüges. Die Durchlässigkeit ist aber nicht nur Absicht einer dörflichen Integration, sie ist auch in hohen Maße ein wesentlicher Teil der Identifikation. Es sind Gebäude unterschiedlichster Nutzung, die in starken ortsräumlichen und nutzungsübergreifenden Bezügen stehen und trotzdem selbständige Einheiten bilden. Gemeinsam ist ihnen die die alles übergreifende Erschließung über die Allmende, vom ”shared space” entlang der Haselstaudenstrasse bis hin zu den ineinandergreifenden Plätzen vor der neuen Schule und dem bestehenden Mehrzwecksaal. Der zweigeschossige, winkelförmige Neubau der Volksschule bildet hier den südlichen ”Schlussstein” dieser städtebaulichen Disposition.

        Zum Inhalt

        Der Eingang zu diesem neuen Schulgebäude befindet sich mit eindrücklichem Blick auf die Kirche Maria Heimsuchung im Schnittpunkt der inneren Fassaden. Der vorgelagerte Hartplatz korreliert mit dem durchgrünten Bestand des adaptierten Schulgartens zwischen Alt- und Neubau. Ein Filter aus niedriger Gehölzpflanzung, ein Brunnen und Hochbeete trennen den Sport- und Radplatz von diesen ruralen Bereichen.

        Im Inneren weitet sich tangierend die zweigeschossige Aula nach Süden und auf den Vorplatz auf, gefolgt von der zentralen Erschließung, dem Empfangstresen und den Räumen der Lehrer. Dieser mittige Drehpunkt ist über beide Geschosse Verteiler und Tummelplatz für die vier Cluster. Zentrales Thema dieser Kernlernbereiche sind die durchlässigen Beziehungen zu den Innen- wie auch Außenräumen. Eine besondere Rolle kommt hier dem Kreativcluster im Erdgeschoss zu, der in Verbindung mit der Aula sowohl die Mittags- und Nachmittagsbetreuung als auch die außerschulische Nutzung in Verbindung mit den umgebenden Freiflächen in sich aufnimmt. Alle vier Module reihen sich als selbstständige Einheiten um den zentralen Kern, der im Obergeschoss - einem räumlichen Gelenk gleich – die Räume der integrativen Pädagogik beherbergt.

        Nach einem intimeren Vorbereich mit Garderoben und Bereichen mit selbstgestalteter Information über die Cluster öffnet sich entlang einer kleinen Patio die zentrale Lernlandschaft. Um diesen “Dorfplatz” im Modul, der sich im Tagesablauf mehrmals ändert, gruppieren sich mit flexibel gestalteten Wandmöbeln die intimeren vier Klassenräume, der Lehrerarbeits- und der Differenzierungsraum.

      • Dieser ”durchgesteckte” Zentralraum öffnet sich sowohl mit weiten Blick in die nahen Naturlandschaften als auch über die vorgelagerte Terrasse dem Treiben auf dem Schulplatz. Der Patio selbst stellt nicht nur Sichtbeziehungen im Cluster her, er lässt auch Aktivitäten im darüber- oder darunterliegenden Nachbarn erspähen. All diese Interventionen dienen der Stärkung und Verdichtung der zuvor beschrieben ortsräumlichen Bezüge und der Identifikation. Die inneren Materialien sind geprägt von der wohnlichen Atmosphäre des Holzes. Nicht die Robustheit, sondern der didaktisch verantwortungsbewusste Umgang mit den Oberflächen, das Wohlfühlen im ”eigenen Heim” stehen im Vordergrund. Das haptische und flexible Innere der vier Kernlernbereiche und der zweigeschossigen Aula umgibt als Antagonist der schützende und widerstandsfähige Sichtbeton im Außenbereich gepaart mit den rauen Oberflächen der unbehandelten Riftbretter.

        Epilog

        Kinder verbringen einen beträchtlichen Teil ihrer Kindheit in der Schule, sie durchleben in der Schule entscheidende Phasen ihrer Entwicklung. Das dort praktizierte Lernen und Schulleben legt den Grundstein für lebenslanges Lernen, für die Freude am sich Bilden und Weiterbilden sowie für eine aktive Teilnahme an der Gesellschaft und dem Verständnis zur Inklusion. Schulen sind daher heute Arbeits- und Lernlandschaften, Orte der Begegnung, Orte zum Verweilen und sollen vor allem Orte sein, an denen Kinder miteinander wachsen und Gemeinsinn entfalten können. In Bewegungs-, Spiel-, und Erfahrungsräumen lassen sich dann Kreativität und Phantasie entfalten.

        aus dem Jurybericht

        "... Der Beitrag zeigt ein zweigeschossiges Winkelgebäude, das als freistehendes Haus den südlichen Abschluss des Schulgrundstücks definiert. Die Entscheidung für die Zweigeschossigkeit wird positiv beurteilt, weil sie eine gute Einfügung in das kleinteilige Umfeld ermöglicht. Ambivalent wird dagegen die gewählte Winkeltypologie bewertet. Einerseits entsteht ein gut proportionierter, zusammenhängender Hof mit direktem Blickbezug zur benachbarten Kirche Maria Heimsuchung. Sogar das zukünftig freigestellte Gebäude, das als Kindergarten genutzt werden soll, wird geschickt in das Gesamtensemble einbezogen. Andererseits kann der Winkeltypus als Solitär eine nur geringe Eigenständigkeit entwickeln.

        Der Eingangsbereich zum Gebäude kann nicht überzeugen. An der Innenecke des Winkels positioniert, ist er zu klein dimensioniert und kann somit wenig zur Adressbildung des neuen Schulgebäudes beitragen.

        Das Innere folgt hingegen in weiten Teilen den an die Auslobung geknüpften Erwartungen. Hier zeigt der Beitrag Vorteile, die durch eine zweigeschossige Organisation entstehen. Die einzelnen Cluster sind auf kurzen Wegen erreichbar und zeigen durchgängig hohe räumliche Qualitäten. Deren Erschließung über ein innenliegendes, knapp bemessenes und wenig einladendes Treppenhaus ist auch hinsichtlich des erforderlichen Brandschutzes problematisch. Die Lage des Musikraumes wird auf Grund seiner fehlenden Koppelung mit der Aula kritisch gesehen. 

        Die Gebäudekenndaten liegen im Vergleich der eingereichten Arbeiten im mittleren bis oberen Bereich. Die einfache Gebäudeform lässt eine wirtschaftliche Erstellung erwarten.

        Insgesamt würdigt das Preisgericht die Qualität des zusammenhängenden Pausenhofes und die Organisation der Cluster. Die gewählte Gebäudetypologie und die Adressbildung samt Eingangssituation werden hingegen kritisch bewertet. ..."