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Kindercampus Ludesch

2022

6713 Ludesch, A

3. Preis EU-weiter Wettbewerb

Gemeinde Ludesch

      • Als das Kind Kind war, wußte es nicht, daß es Kind war, alles war ihm beseelt, und alle Seelen waren eins…

        Wie Geschwister erheben sich die Volksschule und der Kindergarten aus einer verwobenen Lehr- und Lernlandschaft über die durchlässige dörfliche Struktur von Ludesch. Mit dem ”Nachzügler” - dem Mehrzwecksaal - entsteht eine souveräne räumliche Typologie, die durch ihre Eigenständigkeit in selbstverständlicher und offenkundiger Resonanz zur Umgebung im Allgemeinen und zum Gemeindeamt im Besonderen steht. Inhalte, mögliche Interaktionen und Raumaneignungen als auch die Texturen des Raumes und der Gebäude werden so zur prägenden Ganzheit. Ein vermittelnder Hort des Wissens und der Kultur interagiert mit der Öffentlichkeit des kommunalen Zentrums ebenso wie mit der Spiritualität der nahen Kirche St. Sebastian.

        Als das Kind Kind war, hatte es von nichts eine Meinung, hatte keine Gewohnheit, saß oft im Schneidersitz…

        Begleitet vom Vorplatz des neuen Saales und den Freiräumen eines Schulgartens bildet das offene Atrium des Campushofes mit den Eingängen zur Schule, dem Kindergarten und zahlreichen outdoor-Angeboten den Auftakt zu einem räumlichen absorbierenden Gewebe. Ähnlich der Magie des fliegenden Teppichs lässt es sich hier an Orte des Lernens, Forschens, Spielens, der Muße oder schlichtweg des Staunens versetzen. Mittelpunkt der Schule bildet die Aula, die fließend in den Essbereich mit einem Bellevue auf St. Sebastian übergeht. Begleitet vom tiefen Blick in den Turnsaal einerseits, den der Ruhe und Aufmerksamkeit abgewandten Garderoben und Werkräume andererseits schiebt sich die Durchlässigkeit zu den Musik- und Bewegungsräumen. Diese Raumsequenzen korrespondieren mit den ordnenden Verwaltungsräumen als Schnittstelle zum Kindergarten. Dieser empfängt die Kinder aus dem gemeinsamen Campushof und öffnet sich über ein Foyer und den Essraum über eine großzügige Terrasse zu den naturbelassenen Frei- und Spielräumen im Südosten. Schule und Kindergarten schrauben sich Identität suchend durch die Porosität des Erdgeschosses nach oben und verschaffen sich so in Haltung und Wahrnehmung einen eigenen Charakter, ohne ihre Gemeinsamkeit zu leugnen. Es sind ”Shelter“, die geschoßweise um eine kommunikative Mitte kreisen und zum Teil in ihrer Flexibilität Räume der Mehrfachnutzung wie Sprache, Snoezelen oder die Nachmittagsbetreuung integrieren.
        Im Endausbau mit dem neuen Mehrzwecksaal befindet sich der Hartplatz zwischen diesem und der Schule. Er dient hier nicht nur den sportlichen Aktivitäten der Schule. Er soll vielmehr auch als Freiraum für kulturelle und andere Veranstaltungen der Allgemeinheit dienen. Während der Phase des renovierten Saales befindet sich der Hartplatz nördlich des Bestandes.
        Als das Kind Kind war, ging es mit hängenden Armen, wollte der Bach sei ein Fluß, der Fluß sei ein Strom, und diese Pfütze das Meer…

        Ob es die Bretter der Welt werden oder doch das rutschige Parkett des eigenen Illusionsanspruchs bleibt den Biografien vorbehalten. Holz ist dennoch, ob im Ofen, im Ausbau oder konstruktiv eingesetzt ein Teil des Vorarlberger kollektiven Bewusstseins. Diesem Selbstverständnis folgend wird dieser Werkstoff sowohl wegen seiner taktilen und auch nachhaltigen Eigenschaften zum wesentlichen Bestandteil der Bauaufgabe. So kommt der sinnliche Einsatz dieses Materials der Absicht des kindlichen Staunens unbeabsichtigt nahe.

        Warum ist etwas und nicht nichts?

      • aus dem Jurybericht

        " ... Der Verfasser interpretiert den Campusgedanken, in dem er die wesentlichen Nutzungen – Volksschule, Kindergarten und Turnhalle - in drei Volumen gliedert, welche durch ein gemeinsames Sockelgeschoss zusammengeschlossen werden. Die beiden, über den Sockel hinausragenden Volumen – Volksschule und Kindergarten, sind schachbrettartig, diagonal versetzt angeordnet und bestimmen somit die Außenkanten des Sockels. Der verbleibende freie Bereich des Sockels an der südlichen, dem Dorf zugewandten Ecke wird als Vorplatz für den Hauptzugang genutzt. Die neue Blumenegghalle, welche in einer späteren Etappe als Ersatzbau errichtet werden soll, säumt mit ihrem Hauptzugang die Zuwegung und blickt damit in Richtung Gemeindezentrum. Die Volumetrie und die Situierung auf dem Grundstück sind vielversprechend.
        Über den, an der südlichen Ecke, im Sockel angeordneten Vorplatz wird westseitig die viergeschossig angelegte Volksschule betreten. Über das Foyer mit Essbereich werden mit dem Hauptstiegenhaus die drei darüber liegenden Clustergeschosse erschlossen. Den Clustern werden architektonisch und pädagogisch hohe Qualitäten attestiert. Der Kindergarten im Osten wird über ein eigenes Foyer betreten. Die beiden Obergeschosse beherbergen die erforderlichen Gruppenräume. Im Erdgeschoss sind Musik- und Nebenräume für den Kindergarten angeordnet. Entlang der nord-östlichen Sockelkante ist der gemeinsame Pädagogen- und Betreuerbereich linear angelegt. Die Doppelnutzung der Gangfläche als Zugang zu den Bewegungsräumen, vorbei an den pädagogischen Arbeitsbereichen, und die fehlenden Umkleiden im direkten Anschluss entspricht nicht den Anforderungen des Auslobers. Das äußere Erscheinungsbild und die Fassadengestaltung wirken elegant und gekonnt. Wirtschaftlich betrachtet, befindet sich das eingereichte Projekt im Mittelfeld. Der hohe Flächenverbrauch ist negativ zu werten. Die vorwiegende Verwendung von Holz als Baustoff in Verbindung mit dem Gründach unterstützt den Nachhaltigkeitsanspruch des Projektanten. Insgesamt handelt es sich um einen wertvollen Beitrag, der in vielen Bereichen große Qualitäten aufzeigt. Die ortsbaulichen Defizite und funktionalen Schwächen verhindern eine bessere Platzierung."