-
+

Passivhauswohnanlage d'Sidlig Nenzing

2018 - 2023

Wohnbau

6710 Nenzing, AT

1. Preis geladener Wettbewerb

I+R Wohnbau GmbH / Wohnbauselbsthilfe Vorarlberger gemeinnützige Gen.m.b.H

Fotocredits: Bruno Klomfar

  • LandLuft Baukulturgemeinde-Preis 2021
    • Siedlung

      Die Siedlung ist ein städtebauliches Kind der Industrialisierung und wurde zu großen Teilen aus den Idealen der Gartenstadtbewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts entwickelt. Nach den ersten Arbeitersiedlungen in der Zwischenkriegszeit erfuhr die Siedlung in den Tallandschaften von Vorarlberg durch Arbeitsmigration ihre Prägung. In fast allen größeren Gemeinden entstanden die städtebaulich anschaulichen ”Südtirolersiedlungen”. Identität stiftende Bauten und Wiedererkennbarkeit bildeten hier einen wesentlichen Anteil der Integration. Neben der kompakten, vielfältigen Wohnlichkeit sind die gemeinsamen Freiflächen und Nutzergärten zentraler Ort der Kommunikation.

      "d' Sidlig"

      Diese Form der Allmende, die klare Struktur der Siedlung und der innere Reichtum an abwechslungsreichen Wohnformen ist auch hier Basis für die Vielfältigkeit und Lebendigkeit in der neuen ”SIDLIG”. Dabei verdichten sich zehn winkelförmige Gebäude zu fünf kompakten Duplexeinheiten, die mäandrierend und diagonal zueinander versetzt eine Vielzahl an gestalterisch unterschiedlichsten gut vernetzten Außenräumen erzeugen. Breite rurale Bänder an den Längsseiten verbinden diese Landschaften mit den umgebenden Gärten des benachbarten Bestandes. Die Porosität dieser urban - dörflichen Orte entsteht und gewinnt erst durch diese alles überlagernde Verflechtung und greift weit in den umgebenden Siedlungsraum. Die Durchlässigkeit ist aber nicht nur Absicht einer dörflichen Integration, sie ist auch in hohem Maße ein wesentlicher Teil der Identifikation.

      Öffentlichkeit

      Eine pluralistische Öffentlichkeit bedeutet nicht zu wissen was alle wollen. Von dem kleinen neuen Sidlig´s - Platz, einem Dorfanger mit einem ”Coffeeshop” Laden und Guest House im südlichen Bereich nahe des Bahnhofs entwickelt sich ”D`SIDLIG” entlang des neuen Illwegs und weitet sich fünfmal zu den großzügigen, halböffentlichen Vorbereichen der Duplexgebäude mit zirka 20 Wohnungen auf. Diese kommunikativen Vorzonen mit eigenem Hausbaum schließen unmittelbar an einen großen überdachten Allmenderaum an, ein noch ”leerer Raum”, der nicht nur als Unterstellplatz für Fahrräder dienen soll, sondern vielmehr durch die Bewohner selbst als Arbeits-, Werk- oder anderem Raum erobert werden soll und sich gleichzeitig in die gemeinsamen Außenräume erweitern lässt.

      Diversität

      Diversität entsteht durch innere Varianz nicht durch formale Vielfalt. An den halböffentlichen Vorplatz, einem Vorgarten gleich, schließt schwellenlos ein semiprivater Bereich an - ein durchlässiger Holzsteg über drei Geschosse mit Aufenthalts- und Abstellbereichen, der hier bewusst ihm zugeteilten Aufgabe der reinen Erschließung verlässt und sich nutzungsübergreifend der Kommunikation, dem Austausch und der sozialen Kontrolle öffnet. Dahinter verbirgt sich das Private. Dieses Eigene entwickelt sich aus einem Modul heraus, das sich mehrfach - nicht nur zweidimensional - erweitern bzw. erwerben lässt. Die kleinste Einheit besteht aus einem Appartement mit zwei Modulen, die sich je nach Wunsch, Bedarf oder Budget um ein, zwei oder mehrere Module erweitern lässt. Dabei überlagern sich Reihenhäuser, Split-Level Wohnungen, Geschosswohnungen und zweigeschossige Lufträume in einem nahezu spielerischen und variablen Prinzip zu einer diversen Gemeinsamkeit.

      Materialität

      Harte Schale – weicher Kern

      Während die Bretter nach Außen den Abdruck auf der Betonschalung hinterlassen und der Öffentlichkeit mit Robustheit trotzen, sind sie im inneren, halbprivaten Bereich der kommunikativen Erschließungszone eine haptisch intimere Erfahrung.

    • Freiraumkonzept   

      Biodiversität und klar ablesbare öffentliche, halböffentliche und private Bereiche schaffen die Identität D`Siedlig Nenzing.

      Naturraum

      Die Siedlung bildet ein Gelenk, bei dem sich die Naturräume – die dörfliche Kulturlandschaft und die Aulandschaft der Ill – begegnen und sich verschränken. Die dörfliche Kulturlandschaft – grünes Band aus Wildobst – ein unterschiedlich dichter Gürtel aus wildem Obst – Haselnuss, Holunder, Kornelkirsche, Schlehdorn, Himbeeren, Erdbeeren und diverse Kräuter – erstreckt sich entlang der westlichen Grundgrenze. Die Illau-Landschaft – ein Grünes Band aus Augehölzen und Hochstaudenflur – an der östlichen Grundgrenze, es ist ein breites Band aus verschiedenen Weidenarten, Hartriegel, Schneeball, Gräser, Stauden, Farne, die eine lange Mulde für die Dachwasserretention einschließen. Beide grünen Bänder werden mit schmalen wassergebunden Fußwegen erschlossen und mit der Siedlung und dem Quartier vernetzt.

      Erschliessung

      Ein öffentlicher Weg als Begegnungsraum, Fuß- Rad- und Spielweg vernetzt das Quartier mit der Illstraße und über den öffentlichen Platz mit der Nagrandstraße. Der öffentliche, gepflasterte Weg verzahnt sich mit dem angrenzenden Grünraum und über die halböffentlichen Eingangshöfe mit den Wohnhäusern. Die Bebauung selbst ermöglicht eine Durchwegung zu den zwei, an den Grundgrenzen, parallel geführten, wassergebundenen Fußwegen. Diese sind in eine attraktive Vegetation eingebettet und verknüpfen sich mit den zukünftigen öffentlichen Wegen.

      Öffentlicher Platz

      Der Sidlig´s - Platz, ist das Bindeglied zwischen der Siedlung und dem öffentlichen Raum. Mit dem Café, das sich über den befestigten abgetreppten Platz zum grünen Platz ausdehnt entsteht ein vielseitig bespielbarer öffentlicher Freiraum. Der solitär stehende Spitzahorn ladet zum Verweilen und das Element Wasser, in Form eines einfachen Brunnens, zum Spielen ein. Gleichzeitig dient der Platz auch als Mobilitätspunkt mit den Parkflächen für Carsharing und der Bushaltestelle, in unmittelbarer Nähe zur Bahnstation.

      Gartenhöfe

      Im Übergangsbereich zum öffentlichen Erschließungsweg bilden kleine kommunikative Zonen die Möglichkeit zum ungezwungenen Kontakt. Jeder Hof hat seinen eigenen Hausbaum, ein mehrstämmiges Gehölz mit einer umlaufenden Sitzbank.

      Obstbaumgarten

      Hochstammobstbäume sind charakteristisch für das Ortsbild von Nenzing, alte Kern- und Steinobst-Sorten werden gepflanzt und als Allmende von den BewohnerInnen gepflegt und genutzt.

      Gemeinschaftsgarten

      Der Nutzgarten ermöglicht das sich „Erden“, das Anpflanzen von Gemüse, Kräuter und Blumen. Ein geschlagener Brunnen versorgt den Garten mit Wasser. Einer der Gemeinschaftsräume könnte als Grünwerkstatt genutzt werden. Der großzügige Sitzplatz unter dem Nussbaum ladet zum Verweilen und Feiern ein.

      Spiellandschaft

      Der gesamte Freiraum ist bespielbar. Der öffentliche Weg als Bewegungsband, die Retentionsmulde mit den Auwaldgewächsen als Experimentierfeld, das Schaukeln zwischen den Obstbäumen, das Spielen mit dem Wasser am öffentlichen Platz, … Darüber hinaus bildet ein großer Hügel und ein großzügige Sand- und Kiesmulde eine vielfältig nutzbare Spiellandschaft.

      Dachlandschaft

      Die Dächer sind mit einer extensiven Begrünung mit verschiedenen Kräuter und Sedumsprossen ausgeführt.